Der Ruhrpotter und der Emsländer sind sich sehr ähnlich. Unkompliziert und echt. Sabine Abeln kommt aus Papenburg, hat aber lange Jahre im Ruhrgebiet gelebt. Der Pott hat seinen Charme, aber die Lebensqualität im Emsland hat sie zurückgeholt.
Sabine Abeln kehrt nach vielen Jahren im Ruhrgebiet zurück ins Emsland

Emsland und Pott? Dat passt!

Fast 20 Jahre war sie weg vom platten Land. So viel verändert hat sich Papenburg nicht in dieser Zeit. Nur der Blickwinkel auf die alte Heimat ist ein anderer geworden. Den Metropolen und Großkonzernen hat Sabine Abeln den Rücken gekehrt und auf dem Land neue Lebensqualität und beim Familienbetrieb Jansen neue Herausforderungen gefunden. 

Die gebürtige Emsländerin war lange in Nordrhein-Westfalen zuhause, hat in Münster, Essen und Hilden gelebt, studiert und gearbeitet. In Bochum hat sie mittendrin gewohnt. An der Herner Straße. Mit allem drum und dran. Verkehrslärm, Steigerslang und einer Vermieterin, die im rosa Hausmantel peinlichst auf die Treppenhausreinigung achtete. Die Vielzahl an Restaurants und die Reihe an Cafés und Kneipen, die auch in der Woche gut besucht sind, vermisst die Kommunikationsexpertin im nördlichen Emsland. Aber überraschend gute Küchen gäbe es auch rechts und links der Ems. Kultur natürlich auch. Aber so oft sei sie ohnehin nicht mehr unterwegs wie früher. Drei Kinder hat die 49-Jährige inzwischen. 

Nach dem Abitur kam das Fernweh: Zuerst ging es zum Studium nach Münster, dann über einen Studentenjob im Bereich Personalentwicklung zum Energieversorger. Nach dem Studium wechselte sie dort mitten in der Zeit der Liberalisierung des Energiemarktes in den Vertrieb. Ein Beschwerdemanagement aufzubauen und „Abnehmer“ zu „echten Kunden“ zu entwickeln – das war (auch konzernintern) eine große Herausforderung. Für den Energieriesen arbeitete die studierte Germanistin, Soziologin und Kulturwissenschaftlerin an der Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb und in der Redaktion des Kundenmagazins. Kommunikationsstark und kundenorientiert sorgte sie im Team für treffende Inhalte. Drei Millionen Kunden bediente sie für RWE mit Inhalten von Begrüßungs- über Mahnschreiben bis hin zu Newslettern und Preisanpassungen. Auch immer wieder neues zu lernen, umzudenken – zum Beispiel in agilen Arbeitsmethoden, machte den Reiz aus. „Davon bleibt eine Menge im Mindset. Moderation in und von Veränderungsprozessen, Durchsetzungsfähigkeit – das sind Methodiken, die ich in immer wieder neuen Umfeldern einsetzen kann.“

Vom Großkonzern in den Familienbetrieb

"Ich durfte von vielen guten Führungskräften lernen”, schwärmt Sabine Abeln rückblickend auf ihre Zeit bei RWE, „Vorgesetzte, die zuhören und echtes Interesse zeigen, die zielorientiert und dabei menschlich sind. Das waren meine Vorbilder, die heute mein eigenes Handeln beeinflussen.“ Zahllose Umstrukturierungen und lange Entscheidungsprozesse habe sie dort erlebt, aber darin lag auch etwas Faszinierendes: “Zwanzig Jahre lang an drei Standorten – da hat man nie das Gefühl, das gleiche zu machen. Man identifiziert sich mit einem so großen Konzern und lernt eine Menge über Strategieprozesse und sich neu zu fokussieren.”

Mittlerweile fühlt sie sich zusammen mit ihrer Familie im Emsland wieder zuhause. Der Schritt, dort hinzuziehen, hatte wohl auch damit zu tun, dass die Bande in die alte Heimat nie ganz abgerissen war. „Nach dem Abi wollte ich sehr gerne weg aus Papenburg, etwas anderes sehen, woanders leben und Erfahrungen sammeln. Auch ohne einen konkreten Rückkehr-Plan.“ Den Schritt hat sie nie bereut, doch mit Kindern weiß sie doch die Vorteile im Emsland zu schätzen. Und so ging es 2013 mit Sack und Pack zurück nach Papenburg. Einige Jahre ist sie zwischen Papenburg und Dortmund gependelt. Fast drei Jahre Pause für ihren dritten Sohn Michel und die Homeoffice-Periode während der Corona Zeit, haben es angenehmer gemacht. „Dabei wurde mir jedoch auch klar, dass ich die Strapazen des regelmäßigen Pendelns nicht mehr auf mich nehmen wollte. Als „mein“ Unternehmen dann noch von E.ON übernommen wurde, hat sich doch viel geändert. Das konnte man spüren. Die Kultur wurde eine andere,” wie sie sagt. Da ist die Entscheidung, die wohl vorher unterschwellig spürbar war, gereift, dem Konzern den Rücken zu kehren und in der alten Heimat auch beruflich Fuß zu fassen.

Mentalitäten ähneln sich

Der Ruhrpotter und der Emsländer seien sich doch sehr ähnlich. “Die Mentalität erlebe ich als relativ gleich. Sie ist unkompliziert und einfach echt.” Was der Emsländer sagt, meint er auch so. Der Ton sei manchmal rauer, aber herzlich und immer verlässlich. “Der Ruhrpott hat seinen Charme”, betont die 49-Jährige, “doch ich genieße auch die Lebensqualität hier oben im Emsland.” Die kurzen Wege mit dem Rad für die Kinder, die wiederkehrenden Kontakte zwischen Schule oder Sportverein, eine herrlich unkomplizierte Nachbarschaft, die vielen idyllischen Radwege entlang von Wasser, und nicht zuletzt das Eigenheim mit geräumigem Haus und schönem Garten.. Einen großen Freundes- und Bekanntenkreis hat sich die Familie inzwischen an der Ems aufgebaut. “Mittlerweile leben hier auch viele Zugezogene”, berichtet Sabine Abeln, „eine Freundin von mir hier in Papenburg ist zum Beispiel waschechte Dortmunderin.“ Ein schöner Zufall.“Außerdem spiele ich endlich wieder sehr regelmäßig Tennis und jetzt auch wieder in einer Mannschaft. Nicht nur ich, sondern auch mein Mann und meine Kinder spielen in dem Verein Tennis, in dem ich schon als Kind gespielt habe. Das ist ein Geschenk für mich. Das ist Lebensqualität.”

Viele Vorteile für Fachkräfte

Beruflich habe sie hier eine spannende Herausforderung gefunden. Für den Surwolder Torspezialisten Jansen, ein mittlerweile weltweit agierendes Familienunternehmen, leitet sie die Abteilung Marketing & Kommunikation. Schon im Konzern habe sie gern Verantwortung übernommen. "Wir haben bei Jansen rund 350 Beschäftigte”, erzählt Sabine Abeln, "das Unternehmen funktioniert wie ein richtiger Familienbetrieb. Mit kurzen Wegen zum Chef, überschaubaren Hierarchien und viel eigenen Gestaltungsmöglichkeiten. Das ist klasse!." Die Arbeit im Großkonzern sei da doch ganz anders gewesen, erinnert sie sich. Im Konzern ist man einfach weiter weg vom „Ergebnis“ seiner Arbeit, hat längere Wege und ist häufig in bürokratischen Zwängen gefangen. Natürlich gab es auch im Konzern viel Gutes: Funktionierende Strukturen, klasse Führungskräfte und ein großes Netzwerk liebgewonnener Kolleginnen und Kollegen, die auch in vielen Fällen zu Freunden geworden sind. „Da knüpfe ich bei meinem neuen Arbeitgeber gerne nahtlos an: Herzlich aufgenommen von lauter ehrlichen und sympathischen Menschen, mit denen ich gerne tagtäglich zusammenarbeite, neue spannende Aufgaben gestalten und Themen entwickeln und vorantreiben darf. Dafür bin ich dankbar und möchte nicht mehr tauschen.“

Auch für den Spezialanfertiger Jansen sei es schwierig, Fachkräfte und Auszubildende zu rekrutieren. "Aus meiner Sicht ist das sehr schade. Als verwurzeltes Unternehmen im Emsland bietet Jansen jede Menge Attraktivität für Mitarbeiter: Familiäre Unternehmenskultur, internationale Projekte, viele Gestaltungsmöglichkeiten, äußerst individuelle Produkte. Das sollte nicht unterschätzt werden. Außerdem haben wir hier jede Menge Spaß bei der Arbeit.“ Vermisst sie dennoch hin und wieder den Trubel der City? “Manchmal fehlt mir Dortmund. Die Stadt ist für mich wie eine zweite Heimat geworden. Neben meinem grün-weißen Herz für Werder Bremen schlägt in meiner Brust tatsächlich auch ein schwarz-gelbes Fußball-Herz. Aber wenn es über die A31 zurück geht Richtung Papenburg, kommen Heimatgefühle auf. Im kommenden Winter plant Sabine Abeln ihre alten Kollegen aus dem Pott in das von ihr so gelobte Emsland einzuladen. Dann soll zur Einstimmung aufs Landleben gemeinsam geboßelt werden - mit Schnaps und Grünkohl. Wie sich das gehört. Aber das ist eine andere Geschichte.